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FOR MOST OF IT I HAVE NO WORDS

Sophie Utikal

19. Mrz–3. Mai 20

Sophie Utikal erforscht mit ihren gegenwärtigen, poetischen Bildern transgenerationale Wunden, die sich in Körper eingeschrieben haben. Hier vernarben sie; das Narbengewebe wächst unter der Haut weiter. Utikal erzählt von Erfahrungen, die in Körpern über mehrere Generationen weiterleben. Sie befragt Verhaltensweisen nach ihrem Ursprung und folgt dem Fluss der Innenwelt, welche sich auf den Körper auswirkt. Wie interagieren Körper und Gefühl? Welche Handlungen ergeben sich daraus?

In intensiver Beschäftigung mit unterschiedlichen Körperlichkeiten verbindet Utikal ihre Protagonist*innen mit sich selbst. Ein roter Faden zieht sich durch das Leben, ein Teil wird immer weitergegeben. Die Ambivalenzen ihrer Zeichnungen eröffnen den Betrachter*innen Möglichkeiten der Projektion. Utikal arbeitet mit der Methode der autohistoria von Gloria E. Anzaldúa und beginnt ihre Serie mit ihrer Mutter Inirida, benannt nach dem Rio Inírida. Ein Sinnbild für den Fluss des Lebens, der Utikal erreicht und sie fortzieht, ihr Lebendigkeit verleiht und sie prägt. Eine innige Umarmung mit dem Wasser – ein Medium um sich auszudrücken und tragen zu lassen.

Tränen vervollständigen diesen Kreislauf. „Wie kann ich meine eigenen Tränen auffangen?“, fragt Utikal. Wie kann mit Gefühlen umgegangen werden, die eigen aber auch fremd sind? Wohin fließt die Verletzlichkeit? „Wir haben Grenzen, Kontinente und Ozeane überquert, doch unsere Körper sind immer noch eingenommen.“ Es wird auf Migrationserfahrungen und die damit einhergehenden Herausforderungen verwiesen, die sich auf Nachkommen übertragen. Utikal vergleicht sich mit Wasser; sie kann sich den Bedürfnissen anderer so anpassen wie das kühle Nass. Hinter ihrer Zuwendung steht der Wunsch nach Zugehörigkeit, doch dieser Wunsch hat Grenzen – nämlich die der eigenen Belastbarkeit.

Sophie Utikal beschäftigt sich mit der Entfremdung vom eigenen Körper in Bezug auf die Normativität weißer Körper. Sie sucht nach nicht-rationalen Wissensformen. Ihr dekolonialer Blick eröffnet den Betrachter*innen dabei eine Welt voller Schmerz und Heilung. Kraftvolle Stiche in Textil und zarte Farben zeigen Perspektiven auf Körper und Identität.

Fotos: Eric Tschernow
Fotos: Eric Tschernow
Fotos: Eric Tschernow
Fotos: Eric Tschernow
Fotos: Eric Tschernow
Fotos: Eric Tschernow

Über die Künstler*in

Sophie Utikal, geboren 1987 in Tallahassee, Florida, studierte an der Akademie der bildenden Künste Wien bei Ruby Sircar, Ashley Hans Scheirl und Gin Müller. Sie wird zur Körpertherapeutin nach der Grinberg Methode von Avi Grinberg und Ruth Elkana ausgebildet. Utikal lebt zwischen Berlin und Wien.

Sie nutzt Textil, da Kleidung ein Negativ ihres Körpers abbildet. Die Technik, dickes schwarzes Garn zu nutzen, welches sichtbar bleibt, bezieht sich auf textile Arbeiten, die sie von ihrer Familie in Kolumbien seit ihrer Kindheit kennt.

sofiutikal.net
@sofi.utikal

Team

KURATORIN: Linnéa Meiners
PROJEKTASSISTENZ: Lena Fetköther und Elisabeth Kroegel
ÜBERSETZUNG: Sonja Hornung
AUSSTELLUNGSBAU: Carolina Redondo, Claudio Aguirre und Johann Hackspiel

Die Kuratorin und die Künstlerin möchten sich bedanken beim Team der Galerie im Turm und dem Kunstraum Kreuzberg/Bethanien, namentlich: Stéphane Bauer, Ferdinand Gieschke, Daniel Noack, Nadia Pilchowski, Jorinde Splettstößer, Josef Stöhr sowie dem Team der Aufsichten. Vielen Dank an Nancy Naser Al Deen, Jota Ramos, Pêdra Costa, Ebru Düzgün, Laura Nitsch, Verena Melgarejo Weinandt, Imayna Caceres und Eóin ó Cuinneagáin für ihre Unterstützung beim Nähen, Transportieren, Hängen und Lachen.

Gefördert von der Senatsverwaltung für Kultur und Europa: Präsentationsförderung, Ausstellungsfond Kommunale Galerien und Fonds Ausstellungsvergütung für bildende Künstlerinnen und Künstler.

Die Galerie im Turm ist eine Einrichtung des Bezirksamts Friedrichshain-Kreuzberg.